The great wall around China

Eines von vielen charakterisierenden Elementen der Breitengrade, in denen wir uns gegenwärtig aufhalten, ist die rekordverdächtig ausgeprägte Erscheinungsform der Bürokratie. Ob das bei alltäglichen Dingen wie bei der Bezahlung einer Gasrechnung ist (zu erledigen im Postamt, drei Belege, ein Stempel und zwei Quittungen, Zeitaufwand 7-10 Minuten) oder bei etwas ungewöhnlicheren Dingen wie bei der temporären Einfuhr eines ausländischen Autos nach Turkmenistan (vier verschiedene Stationen, zwei Registrierungen, ca. 8 Formulare mit jeweils nicht unter drei Stempeln, Zeitaufwand ca. vier Stunden), ohne ein gehöriges Maß an Bürokratie läuft hier gar nichts. Das liegt natürlich am sowjetischen Erbe, und als aufgeklärter und toleranter Reisender läßt man das alles auch mit Geduld über sich ergehen und genießt die billige Unterhaltung.

Bürokratie alleine wäre auch noch kein Thema, das es verdient hätte, von uns mit einem Blog-Eintrag gewürdigt zu werden. Wenn man allerdings zur Bürokratie noch eine Prise undurchsichtige Gesetze gibt, das Ganze langsam und willkürlich anwendet und dann vermengt mit ausreichend Autokratie und Paranoia, dann wird die Sache langsam spannend.

Interessanterweise ist es aber gar nicht die postsowjetische Bürokratie, die hier zum ungewollten Star der Show wird, sondern die chinesische. Wir hatten den Transit durch China schon immer als “Risikofaktor” auf unserer Reise gesehen. Da wir beide beruflich ausreichend mit Risikomanagement zu tun haben, wussten wir aber natürlich, dass man mit Planung und sorgfältiger Vorbereitung fast jedes Risiko in den Griff bekommt. So wendeten wir uns an die erfahrenste Agentur Deutschlands, die in China bestens vernetzt ist und schon unzählige Touristen per “self-drive” durch China geschleust hat. Wir waren auch bereit, einen chinesischen Führer im Auto mitzunehmen, ihn durchzufüttern und für ihn einen Zusatzsitz einzubauen. Wir waren sogar bereit, unerhörte Summen für alle erdenklichen Permits zu zahlen, wohlwissend, dass ein großer Anteil der Gebühren wohl nicht für die Permits draufgeht, sondern direkt in die Taschen der zuständigen Beamten fließt.

Dank sorgfältiger Vorbereitung und hoher Zahlungsbereitschaft sah auch alles ziemlich gut aus für unsere Einreise nach China gegen Ende Oktober / Anfang November. Selbst die Visa hatten wir erhalten, nach zwei erfolglosen Anläufen, natürlich jedes Mal kostenpflichtig. Doch wir hatten die Rechnung ohne die Kommunistische Partei Chinas und ihre spaßbefreiten, xenophobischen und paranoiden Funktionäre gemacht. Und so teilte uns die überaus bemühte und kreative, aber leider machtlose Agentur aus Hamburg eine Woche vor geplanter Einreise mit, dass wir leider keine Erlaubnis bekommen, China mit dem Auto zu durchqueren. Sie hatten sich wohl bis zum Polizeipräsidenten der Provinz Xinjiang durchgeschmiert, doch leider war dort Schluß. Wahrscheinlich war im Gesamtbudget einfach nicht genug Musik drin, damit sich der uniformierte Herr neue Alufelgen für seine S-Klasse kaufen konnte. Die offizielle Erklärung lautete, dass man die aktuelle Gesetzeslage bezüglich der Einreise von Touristen mit eigenem Auto überarbeiten und vereinfachen möchte und daher bis Mai nächsten Jahres leider keinerlei Permits mehr ausstellt.

Sei es wie es sei, wir mussten also umsatteln. Nach kurzem Brainstorming kamen wir auf drei Möglichkeiten. Alternative A: Auto in den Container und ab nach Nepal. Alternative B: Auto in Bishkek parken und nach Nepal fliegen. Alternative C: Auf den kirgisischen Waffenmarkt, Auto aufrüsten und den Weg durch China freischießen. Option C flog als erstes raus, da uns womöglich einiges an Papierkram ins Haus gestanden hätte und wir möglicherweise noch Bekannschaft mit amerikanischen Drohnen oder schlimmerem gemacht hätten. Option A flog als nächstes raus, als wir nach Gesprächen mit zahlreichen Logistikfirmen in Deutschland und vor Ort herausfanden, dass die einzig mögliche Route per Container mit der Bahn nach Riga oder Hamburg und dann im Schiff weiter nach Mumbai, Indien geht. Einen kurzen Gedanken verschwendeten noch wir auf Option A2: Luftfracht nach Dubai und dann weiter mit dem Schiff. Unter dem Strich aber alles logischerweise zu teuer und nicht machbar. Das beste Angebot, von DHL, war 5.400 EUR all-in bis Mumbai.

So blieb nur noch Option B übrig. Also verbrachten wir die letzten beiden Tage damit, unser gesamtes Geraffel aus-, um- und wieder einzupacken, dann das Auto zu putzen und winterfest zu machen, um es schließlich hier in Bishkek auf einem bewachten Parkplatz bis nächsten Sommer abzustellen.

Am Sonntag fliegen wir dann also von Almaty in Kasachstan über Dubai nach Kathmandu.

Und logisch, für den Drei-Stunden-Trip von Bishkek nach Almaty braucht man natürlich ein Visum für Kasachstan. Drei Besuche bei der Botschaft und ein bisschen Papierkram bringen uns aber nicht mehr aus der Ruhe. Dafür bekommen wir schließlich auch noch eine Nacht in Dubai als Zugabe. Hierfür bereits jetzt vielen Dank an die Chinesischen Behörden!

Ob wir dann in Nepal auf Esel oder Yak umsatteln, werden wir in einem der nächsten Posts berichten.

Posted from Bishkek, Chuy Province, Kyrgyzstan.

2 thoughts on “The great wall around China

  1. viel Glück weiterhin. in Nepal erwarten Euch dann Wahlen. das heist vielleicht müsst ihr dann laufen. Aber Klaus wartet auf euch. Ihr habt dann hoffentlich nicht zuviel Gepäck dabei.
    p-s. bin inzwischen euer BLOg Fan.

  2. Freue mich schon euch gleich in Kathmandu in Empfang zu nehmen. Krishna und Klaus sind bereits per Motorrad unterwegs zum Flughafen. Wegen des Generalstreiks der heute begonnen hat wird das ein interessanter Start in Nepal, da der öffentliche Verkehr praktisch lahmgelegt ist!

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